Unterirdische Stadtgänge

Die faszinierendsten unterirdischen Städte der Welt: Von der Türkei bis nach Australien

Unterirdische Städte sind ein bemerkenswertes Zeugnis menschlicher Einfallsreichtum und Überlebensfähigkeit. Im Laufe der Geschichte haben Menschen unterirdische Siedlungen aus verschiedenen Gründen errichtet – sei es zum Schutz vor Invasoren, zur Anpassung an extreme Klimabedingungen oder zur Lagerung wertvoller Ressourcen. Diese versteckten Städte reichen von antiken Labyrinthen in der Türkei bis hin zu modernen unterirdischen Gemeinden in Australien.

Jede dieser Städte erzählt eine einzigartige Geschichte. Einige wurden sorgfältig für eine langfristige Nutzung geplant und verfügen über Belüftungssysteme, Brunnen und Lagerräume, während andere als kurzfristige Zufluchtsorte in Krisenzeiten dienten. Heute sind viele dieser Stätten für Besucher zugänglich, sodass Menschen einen faszinierenden Einblick in eine außergewöhnliche Facette der Geschichte erhalten können.

Dieser Artikel beleuchtet einige der erstaunlichsten unterirdischen Städte weltweit, ihre historische Bedeutung, architektonische Meisterwerke und die Möglichkeit, sie als Tourist zu besuchen.

Derinkuyu: Die verborgene unterirdische Stadt der Türkei

Im Herzen Kappadokiens gelegen, zählt Derinkuyu zu den faszinierendsten unterirdischen Städten der Welt. In weichen vulkanischen Fels gehauen, erstreckt sie sich über 60 Meter unter der Erde und konnte bis zu 20.000 Menschen samt Vieh und Vorräten beherbergen. Diese mehrstöckige Stadt verfügt über Ställe, Kapellen, Schulen und sogar Weinkeller – ein Beweis für das herausragende technische Können antiker Zivilisationen.

Experten vermuten, dass Derinkuyu ursprünglich von den Phrygern im 8. Jahrhundert v. Chr. erbaut und später in byzantinischer Zeit erweitert wurde, um Christen Schutz vor Verfolgung zu bieten. Die ausgeklügelten Verteidigungsmechanismen der Stadt, darunter massive rollende Steintüren und verborgene Belüftungsschächte, machten sie nahezu uneinnehmbar.

Heute ist Derinkuyu ein beliebtes Touristenziel, das Besucher einlädt, seine dunklen Tunnel zu erkunden und die beeindruckende Handwerkskunst dieser antiken unterirdischen Siedlung zu entdecken. Geführte Touren bieten wertvolle Einblicke in das Leben der damaligen Bewohner.

Die Rolle unterirdischer Städte für das Überleben

Unterirdische Städte wie Derinkuyu spielten eine entscheidende Rolle für das Überleben ihrer Bewohner. Sie dienten als sichere Rückzugsorte in Zeiten von Krieg und religiöser Verfolgung. Ihre Bauweise umfasste Verteidigungsmerkmale wie geheime Gänge, verschiebbare Steinwände und ausgeklügelte Belüftungssysteme.

Diese Städte waren nicht nur Schutzräume, sondern auch funktionierende Siedlungen mit Wohnräumen, Vorratskammern und Gemeinschaftsbereichen. Die nachhaltige Versorgung mit Wasser durch unterirdische Brunnen und die Möglichkeit zur langfristigen Lagerung von Lebensmitteln zeugen von der Weitsicht ihrer Erbauer.

Solche unterirdischen Gemeinschaften sind nicht nur in der Türkei zu finden. In vielen Teilen der Welt wurden ähnliche Strukturen für verschiedene Zwecke genutzt – sei es als Kriegsverstecke oder strategische Kommandozentralen.

Naours: Frankreichs vergessene unterirdische Zuflucht

Naours, eine weitläufige unterirdische Stadt im Norden Frankreichs, hat im Laufe der Geschichte unterschiedliche Funktionen erfüllt. Ursprünglich im 3. Jahrhundert n. Chr. erbaut, wurde sie im Mittelalter als Zufluchtsort vor Invasionen ausgebaut. Während des Hundertjährigen Krieges bot sie Tausenden von Menschen Schutz.

Im Gegensatz zu anderen unterirdischen Städten, die als dauerhafte Wohnorte dienten, wurde Naours vor allem als vorübergehender Zufluchtsort in Krisenzeiten genutzt. Der Komplex umfasst über 300 Räume, darunter Ställe, Kapellen und Gemeinschaftsräume, was ihn zu einer der komplexesten unterirdischen Siedlungen Europas macht.

Besonders faszinierend ist die Nutzung von Naours im Ersten Weltkrieg. Soldaten der Alliierten hinterließen Tausende von Inschriften an den Wänden, die bis heute erhalten sind und wertvolle historische Einblicke bieten.

Die unterirdischen Städte Kappadokiens

Während Derinkuyu die bekannteste ist, gibt es in Kappadokien über 200 unterirdische Städte, von denen viele noch nicht vollständig erforscht sind. Diese Städte waren durch Tunnel miteinander verbunden, sodass Bewohner im Notfall zwischen ihnen wechseln konnten.

Eine weitere bedeutende unterirdische Stadt in der Region ist Kaymaklı. Im Gegensatz zu Derinkuyu ist Kaymaklı eher horizontal ausgerichtet, mit einem ausgedehnten Netz an Tunneln, Lagerräumen und Wohnbereichen.

Heutige Besucher Kappadokiens können diese Städte im Rahmen geführter Touren erkunden – oft kombiniert mit Heißluftballonfahrten, die einen spektakulären Blick auf die einzigartigen Felsformationen der Region bieten.

Unterirdische Stadtgänge

Coober Pedy: Australiens unterirdische Opalhauptstadt

Anders als die antiken unterirdischen Städte der Türkei und Frankreichs entstand Coober Pedy in Australien erst im 20. Jahrhundert. Aufgrund der extremen Temperaturen in der Outback-Region errichteten die Einwohner ihre Häuser unter der Erde.

Die Stadt wurde 1915 als Opalminenstadt gegründet. Schon bald stellten die Bergleute fest, dass das Leben unter der Erde wesentlich angenehmer war als die sengende Hitze an der Oberfläche. Heute lebt etwa die Hälfte der Bevölkerung in sogenannten „Dugouts“ – modernen unterirdischen Wohnungen mit Strom, Wasser und Klimaanlagen.

Touristen können in unterirdischen Hotels übernachten, Kirchen besichtigen und Minen erkunden, in denen noch immer einige der weltweit wertvollsten Opale abgebaut werden.

Tourismus und Erreichbarkeit unterirdischer Städte

Viele dieser unterirdischen Städte sind heute für den Tourismus erschlossen und bieten geführte Rundgänge sowie interaktive Ausstellungen. Während einige, wie Derinkuyu und Coober Pedy, leicht zugänglich sind, erfordern andere eine spezielle Genehmigung oder geführte Expeditionen.

Regierungen und Denkmalschutzorganisationen setzen sich für den Erhalt dieser Stätten ein. Dabei stehen Maßnahmen zur strukturellen Sicherung, zur Begrenzung der Besucherzahlen und zur Erhaltung der historischen Substanz im Fokus.

Für Reisende, die sich für Geschichte, Architektur und menschliche Anpassungsfähigkeit interessieren, bieten unterirdische Städte ein einzigartiges Erlebnis. Diese verborgenen Welten sind ein eindrucksvolles Zeugnis für den Erfindergeist und die Widerstandskraft vergangener Zivilisationen.